Mittwoch, 22. Juni 2016

Rjukan - Geilo

Hardangervidda - eine Liebe auf den ersten Tropfen 


Am Morgen besteht noch kurz Hoffnung, dass das Zelt trocken im Rucksack verstaut werden könnte. Als ich aber die erste Tasse Kaffee schlürfe zerschlägt sich diese und ich  bin froh das es sich beim heutigen Etappenziel um eine Hütte handelt und ich im Notfall alles trocken kann.


In einer kurzen Regenpause kann ich den Rucksack wenigstens außerhalb des Zelts beladen so gehts mir doch deutlich schneller von der Hand. Nachdem alles regensicher verpackt ist geh ich los und trotz des Regens und der tiefhängenden Wolken stellt sich eine unglaubliche Euphorie ein. Und so nehme ich es mit Humor als ich feststellte, dass die Wegkreuzung  wohl doch die meine gewesen wäre...  Dort war zwar mein Ziel nicht angeschrieben aber... Einmal zurück bringt Glück :-)


 


Mit dem genießen der Aussicht tue ich mich etwas schwer, wobei ich nie ganz sicher bin ob es an der Wolke liegt in der ich gerade stehe oder meiner beschlagenen Brille... Egal! Die Wege sind bestens markiert, die Bäche lassen sich Problemlos auch ohne tief eingetauchte Schuhe queren... Ein Traum! Dann ziehen die Wolken höher und ich sehe endlich wo ich bin: ein breites Hochtal das nur durch wenig höhere Berge begrenzt ist. So hatte ich es mir vorgestellt die Hardangervidda und das Wetter habe ich mir sagen lassen ist auch nicht untypisch :-)


 

 


Nach einigen Stunden sind aber auch hier meine Schuhe etwas feucht und ich freue mich wirklich auf die Helberghytta. Dort angekommen wird erstmal der Ofen angeschmissen und Trinkwasser geholt. Und weil es ja noch so früh am Tag ist gönne ich mir gleich noch was Warmes aus dem gut gefüllten Proviantlager (selbsttransportierter Kartoffelbrei an Lachspastete aus der Dose - Hmm lecker!) So wird es auch von innen wieder warm, während sich die Hütte langsam füllt. Letztendlich entscheiden 4 Tschechen ihren ersten Wandertag in Hardangervidda auch hier in der Hütte zu beschließen und es wird ein lustiger Abend bei Würfelspiel, viel warmen Tee und der Hoffnung auf besseres Wetter.


 

 


Der nächste Morgen verheißt jedoch nichts Gutes. Meiner Laune schadet das jedoch nicht, denn ich komme gut voran und kann über den Tag bis zur nächsten Hütte sogar fast die Zeitangabe auf der Karte halten.


 


Da am Abend die Sonne wieder aus ihrem Versteck gekrochen ist stelle jedoch mein Zelt auf und nächtige nicht in der Kalhovd Hytta.

Leider war das gute Wetter nur ein kurzes Intermezzo und am nächsten Tag beginnt erneut der Regen und ein ordentlicher Wind gesellt sich dazu. Also Beine in die Hand genommen und auf zur nächsten Hütte. Nach jeder Menge Wasser von oben und von unten komme ich wieder nur mit ca 3/4 h Verspätung zur angegeben Zeit an und mache es mir in der Selbstbedienungshütte bei Mårbu gemütlich. Heute bleibe ich allein und gehe recht früh schlafen.


 

 

 


Die Batterie ist leer


Es war doch sehr anstrengend. Wie anstrengend merke ich erst am nächsten Morgen. Ich komme nicht aus dem Bett und -warum auch nicht - bleibe ich erstmal liegen... Kurz nach 11 beginne ich dann doch den Weg Richtung Heinsetter und starte gleich mit einer Flussquerung an der es im Sommer eigentlich eine Brücke gäbe... Sie steht auch da, liegt aber noch nicht über dem Wasser... Die Saison beginnt heuer eben erst am 01.07. und so muss man auf den ein oder anderen Komfort einfach verzichten. Aber bis auf Wasser in den Schuhe kann mir diese Querung, etwas weiter flussaufwärts, nichts anhaben und es geht auf der geplanten Route weiter.

Ich merke immer mehr das ich dringend einen richtigen Ruhetag brauche - die Batterie ist leer - aber Geilo ist inklusive dem heutigen Tag noch 3 Tage entfernt. Die Hütten auf der Strecke bieten aber keine echte Möglichkeit um dem Erholungsbedarf einfach gleich nachzugeben denn sie werden privat betriebenen und haben ebenfalls noch nicht geöffnet, so dass ich also den ganzen Tag im Zelt sitzen müsste. Irgendwie reizt mich das nicht :-(


 

 

 


Trotz alle dem: um die 20km werden es trotzdem jeden Tag. Es braucht einfach länger... Und dann kommt er: der lang ersehnte Tag an dem ich in Geilo eintreffen soll: Regen, Graupel und starker böiger Wind - "Herrlich!" Zu allem Überfluss stelle ich fest das mir meine Handschuhe und ein Halstuch verloren gegangen sind. Ich schimpfe und fluche also den Großteil des Tages lautstark vor mich hin und kann vor lauter Wind nicht mal mehr die letzten 2 Höhenmeter bis zum Gipfel des Ustetinde aufsteigen. Es ist einfach zu gefährlich, der Wind wirft mich und mein Monsterchen ständig hin und her, was auf steilem rutschigen Felsen nahe am Abgrund einfach nicht witzig ist. Ich steige also ab - hätte sowieso nix gesehen bei der Nebelküche die da oben herrscht.


17:00 in der Post in Geilo muss ich dann leider feststellen, dass mein Versorgungspaket noch nicht eingetroffen ist... Aber Schoki kann ich ja trotzdem kaufen... Die ist mir nämlich "ausgegangen" am Tag zuvor... Naja, eigentlich hab ich am Abend unkontrolliert einfach nochmal eine 200g Tafel verputzt obwohl ich meine 100g Ration für den Tag schon weg hatte... Also mein Fazit: Ein Wandertag ohne Schokolade ist möglich, aber sinnlos!


Endlich im Vanderhjem angekommen bestelle ich triefen nass in der Rezeption ein Bett, eine warme Dusche und eine Waschmaschine. Ich muss so einen Mitleidserregenden Eindruck gemacht haben, dass mir der Herr gleich noch erklärt wo die Sauna ist und mir die Waschmaschinenmarke gleich mit in die Hand drückt.


Zu einem Saunabesuch komme ich aber garnicht, denn wie sich herausstellt bin ich lustiger Weise mit 3 Deutschen in einem total gemütlichen und komfortablen Häuschen untergebracht. Und nachdem ich alles zum Trocknen aufgehängt habe und mich zu der Runde hinzugeselle wird es ein sehr schöner unterhaltsamer Abend der uns erst nach Mitternacht ins Bett treibt! Im Übrigen: Npchmal vielen Dank für das leckere Abendbrot!


Viel zu große Augen und neue Pläne

Essen war heute sicher das Wichtigste... Mein Nachschub an Turmat ist heute tatsächlich mit der Post gekommen und bereits in Rucksack verstaut (die nächsten Tage geht's wohl erstmal wieder langsam voran...). Natürlich hab ich auch für heut noch ein bisschen eingekauft: Pizza, Bier, Joghurt, eine Birne, Lefse und jetzt kann ich mich nicht mehr bewegen :-)
Morgen geht's dann an den ganz hohen Bergen vorbei und ziemlich direkt Richtung Norden bis Jotunheimen. Dort schau ich mir mal an wie es dort mit dem Schnee aussieht... Ich denke mal WLAN wird es wohl erst in ca zwei Wochen wieder geben.
Bis dahin: har det bra!

6 Kommentare:

  1. Hammer! Ich beneide Dich um diese Tour, das wird bestimmt unvergesslich!

    So long,
    Corinna

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Oh ja unvergesslich auf jeden Fall! Und ich hab gerade gesehen das wir uns dieses Jahr schon wieder verpassen wenn ihr in Graz seid :-(
      Liebe Grüße

      Löschen
  2. Habe schon so auf den neuen Bericht gewartet und bin wieder sehr begeistert.Halt die Ohren steif und beste Grüße.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich freu mich dass du so mit fieberst und hoffe dass ich halbwegs regelmäßig Internetzugang habe um neue Berichte einzustellen.
      Liebe Grüße

      Löschen
  3. Ich bewundere dein Vorhaben und freue mich jedes Mal auf einen Eintrag von dir. I morgen treffer vi oss hos Lillan og vi vil tenke på deg. Ha det bra Eva

    AntwortenLöschen
  4. Takk før ønskene dine! Jeg hoper vi ses i november og kan snakke riktig på norsk med verandaer.

    AntwortenLöschen